Behind the Scenes

Das Blickle Expertenteam über die Trends in der Fördertechnik

Die Anforderungen an Räder und Rollen sind in der Fördertechnik teilweise sehr komplex und vielseitig. Deshalb gibt es oft nicht die eine standardisierte Lösung, sondern die Räder und Rollen werden optimal auf das jeweilige Einsatzgebiet und die individuellen Anforderungen angepasst. Um das bestmögliche Ergebnis für unsere Kunden zu erzielen, ist eine enge Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen – vom Produktmanagement über Vertrieb und Konstruktion bis hin zur Fertigung – das Erfolgsrezept. Die Blickle Experten Michael Haug (Produktmanager Fördertechnik), David Vogelmann (Verkaufsleiter), Thomas Zimmer (Leiter Konstruktionsbereich Schwerlasträder), Dr. Yannic Gross (Teamleiter Entwicklung Polyurethan) und Marc Braschler (Fertigungsbereichsleiter Polyurethan) geben im Interview einen Einblick in ihre tägliche Arbeit.

Welche aktuellen Trends nehmen Sie im Bereich der Fördertechnik wahr und wie reagieren Sie auf diese?

Michael Haug: Fördertechnik ist in allen Lebensbereichen gefragt und die Einsatzbereiche nehmen mit der steigenden Automatisierung stetig zu. Insgesamt hat dieses Segment in den letzten Jahren deutlich an Tempo zugelegt. Es werden schnelle Materialflüsse mit einem hohen Durchsatz gefordert. Deshalb ist es von großer Bedeutung, Ausfälle von Anlagen zu vermeiden und den Wartungsaufwand möglichst gering zu halten. Unsere langlebigen und wartungsfreien Räder und Rollen garantieren hohe Standzeiten und sind daher für diese Anforderungen bestens geeignet. Ein weiterer Trend ist die wachsende Bedeutung der Energieeffizienz und Ressourcenschonung. Durch Wahl der optimalen Belagshärte sowie durch niedrige Anfahr- und Rollwiderstände tragen Blickle Räder positiv zur Energieeffizienz bei.

Was macht Blickle zum Spezialisten in der Fördertechnik?

Thomas Zimmer: Hier ist ganz klar unsere Materialvielfalt ein wesentlicher Faktor. Stehen beispielsweise ein ruhiger Lauf und die Reduzierung von Lärm im Vordergrund, dann wird ein weicheres Material für den Laufbelag gewählt. Dagegen werden härtere Werkstoffe eingesetzt, wenn eine hohe Führungsgenauigkeit erreicht werden soll. Unser breites Portfolio an verschiedenen Werkstoffen deckt jegliche Anforderungen unserer Kunden ab.

Dr. Yannic Gross: Das geht sogar so weit, dass wir im Bereich Polyurethanräder auch kundenspezifische Materialmischungen haben. So erreichen wir über die Chemie die gewünschten Belagseigenschaften punktgenau für die jeweilige Anwendung. Dabei ist die gute und lange Zusammenarbeit mit unseren Materiallieferanten besonders wichtig. Nur durch eine optimale Kombination aus Material, Chemie und Prozessführung erreichen wir beste Eigenschaften des Polyurethans. Hier kommt uns unsere langjährige Erfahrung zugute.

Thomas Zimmer: Ein weiterer Wettbewerbsvorteil ist unser enger Kontakt zum Kunden. So werden bereits in der Beratungsphase die technischen Anforderungen und Wünsche genauestens betrachtet und je nach Komplexität direkt ein Experte aus der Blickle Konstruktionsabteilung hinzugezogen. Dadurch finden wir entweder in unserem umfangreichen Standardprogramm oder durch flexible und maßgeschneiderte Anpassungen immer die optimale Lösung für die jeweilige Kundenanwendung.

Welche Bedeutung hat die Fördertechnik für Blickle?

David Vogelmann: Die Fördertechnik hat eine sehr hohe Bedeutung für Blickle. In dieser Branche werden vor allem die Blickle Führungsrollen in vielen Varianten eingesetzt. Die Anwendungen sind vielseitig und reichen von Sortieranlagen, Förderbändern und Hängeförderern bis hin zu Regalbediengeräten. Neben unseren Standardrädern und -rollen finden sich hier auch Varianten und Sonderlösungen, welche vor allem von Erstausrüstern gewünscht werden. Dabei stehen wir unseren Kunden von Anfang an als Entwicklungspartner zur Seite, was diese besonders schätzen. Die Anforderungen an die Räder und Rollen sind in der Fördertechnik insgesamt sehr hoch. Das spielt uns in die Karten, da Blickle hier mit seiner Innovationskraft und dem ausgeprägten Qualitätsmanagement punkten kann.

Wie gehen Sie vor, um individuell für Ihre Kunden die beste Lösung zu finden?Blickle Expertenteam

David Vogelmann: Unsere Strategie ist es, Lösungskonzepte zusammen mit unseren Kunden zu erarbeiten. Deshalb ist der Ausgangspunkt für jede Sonderlösung das Lastenheft des Kunden. Auf dieser Grundlage werden erste Vorschläge erarbeitet und mit dem Kunden die Vor- und Nachteile diskutiert. Bei technisch anspruchsvollen Lösungen sind die zuständigen Blickle Ingenieure aus der Konstruktionsabteilung ebenfalls mit vor Ort.

Thomas Zimmer: In diesem Schritt werden die Anforderungen des Kunden grundsätzlich analysiert: Wie sieht die Anlage beim Kunden aus? Welche Radkonzepte sind vorgesehen? Und wie ist die Belastungssituation für die Räder und Rollen? Das ermöglicht uns, die Wahl der geeigneten Materialien und die Größenordnung genauer einzugrenzen. Je früher wir in den Entwicklungsprozess des Kunden eingebunden werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Räder und Rollen aus dem Standardprogramm eingesetzt werden können. Ist dies nicht der Fall, haben wir unterschiedliche Möglichkeiten aus dem breiten Standardsortiment individuelle Lösungen abzuleiten, indem wir beispielsweise die Radgeometrie, Lagerung, Laufbelagsdicke oder das Material anpassen. Wenn die Anforderungen klar sind, dann wird die Konstruktion aufgesetzt und eine Kalkulation erstellt. Anschließend wird die Konstruktion anhand von Tragfähigkeits- und Lagerlebensdauerberechnungen auf Durchführbarkeit überprüft.

David Vogelmann: Steht das Produkt fest, dann fertigen wir bei Bedarf Prototypen und simulieren auf unseren Prüfanlangen die realen Einsatzbedingungen. Je nach Kundenprojekt können auch Muster für Dauertests zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt ist es wichtig, dass alle Beteiligten wie der Kunde, der Vertrieb und die Entwickler an einem Strang ziehen und sich gegenseitig austauschen.

Marc Braschler: Aus Produktionssicht ergibt sich aus den Vorgaben der Konstruktionsabteilung, wie die beste Lösung in puncto Kosten und Effizienz fertigungstechnisch für den Kunden realisiert werden kann. Dabei werden verschiedene Szenarien beleuchtet und dann die technisch und wirtschaftlich optimale Fertigungsmethode ausgewählt – entweder hochautomatisierte Fertigung am Band oder manueller Prozess an speziellen Gießanlagen. Das ist auch wesentlich von der Stückzahl und den Losgrößen abhängig. Diese bestimmen auch die Art und Anzahl der Gießformen, die benötigt werden.

Welche besonderen Anforderungen gibt es an die in der Fördertechnik eingesetzten Räder?

David Vogelmann: Im Großen und Ganzen geht es in der Fördertechnik um eine hohe dynamische Belastbarkeit bei hohen Geschwindigkeiten, die teilweise atemberaubend sind. Dabei muss oftmals ein wartungsfreier 24/7 Betrieb gewährleistet sein, bei dem nur Räder und Rollen mit Dauerlaufeigenschaften zum Einsatz kommen können. Auch Faktoren wie hohe Anfahr- und Bremskräfte, schnelle Richtungswechsel und die dadurch entstehende Erwärmung gilt es bei der Wahl des richtigen Rades zu berücksichtigen.

Michael Haug: Die Anforderungen unterscheiden sich je nach Anwendungsbereich sehr stark. Werden die Räder beispielsweise im Außenbereich bei Hochsee- und Verladekränen eingesetzt, dann ist eine besondere Beständigkeit gegenüber Hitze, Kälte, Hydrolyse und Korrosion gefordert. In der Automobilindustrie müssen die Räder dagegen für höchste Lasten geeignet sein und hohe Standzeiten garantieren. Gleichzeitig gilt es hier eine möglichst hohe Traktion der Räder bei geringer Abnutzung zu erreichen. Zu guter Letzt gibt es in der Lagerlogistik die höchsten Anforderungen an die Geschwindigkeit kombiniert mit Anforderungen an die Leitfähigkeit und Energieeffizienz der Räder.

In der Fördertechnik stehen oftmals nur kleine Bauräume zur Verfügung. Wie beeinflusst das Ihre Arbeit in der Konstruktion?

Thomas Zimmer: Das ist wirklich eine der größten Herausforderungen. Ein kleiner Bauraum bedeutet, dass keine besonders großen Lager eingesetzt werden können und nur wenig Material zur Verfügung steht, um die Belastung aufzunehmen. >>>> Das schränkt uns in Bezug auf die Lebensdauer unserer Radausführungen grundsätzlich ein. Die Lösung ist höherwertige Materialien einzusetzen. Im Polyurethanbereich setzen wir hier auf unseren Hochleistungswerkstoff Blickle Besthane, mit dem wir hohe Tragfähigkeiten und beste dynamische Eigenschaften erreichen. Auch bei anderen Werkstoffen zum Beispiel im Hartkunststoff- oder Spritzgussbereich haben wir höherwertige Materialien, die wir hier wählen können.

Welche Ziele verfolgen Sie bei der zukünftigen Ausrichtung des Blickle Produktprogramms?

Michael Haug: Wir wollen unseren Kunden auch in Zukunft individuelle Lösungen bieten und mit ihnen das optimale Produkt für den gewünschten Anwendungsbereich entwickeln. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, werden wir unser umfangreiches Lösungsportfolio und das modulare Baukastensystem weiter ausbauen. Insgesamt ist unser Ziel, zukünftig noch näher an unseren Kunden und ihren Bedürfnissen zu sein. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr im Produktmanagement für jedes Marktsegment einen Experten etabliert. Dieser ist speziell fokussiert auf seinen Bereich und versteht daher die Kunden- und Marktanforderungen bis ins Detail.

Dr. Yannic Gross: In der Polyurethanentwicklung arbeiten wir aktuell an einem weiteren Premium-Polyurethan. Dieser Hochleistungswerkstoff wird noch dynamischer belastbar und für sehr hohe Geschwindigkeiten geeignet sein. In puncto Polyurethanlaufbeläge ist ein weiteres Ziel, noch geringere Rollwiderstände zu erreichen. Die Entwicklung und Optimierung unserer Polyurethane erfolgt dabei immer in enger Abstimmung mit der Konstruktion, Fertigung und nicht zuletzt unseren Materiallieferanten. Nur so können wir erreichen, dass die im Labor entwickelten Werkstoffe auch in der Praxis funktionieren.

Wie realisieren Sie die hohen Qualitätsanforderungen innerhalb des Fertigungsprozesses?

Marc Braschler: Die Polyurethanproduktion ist ein äußerst komplexer Prozess, bei dem viele Parameter eingehalten werden müssen, um am Ende ein Produkt in konstant hoher Qualität zu erhalten. So wird bei der Wareneingangskontrolle der chemischen Grundprodukte lückenlos geprüft, ob unsere Qualitätsanforderungen eingehalten werden. Unsere Fertigungsanlagen dokumentieren den gesamten Fertigungsprozess. Störungen werden somit sofort erkannt und können behoben werden. Hochwertige Gießwerkzeuge sorgen dafür, dass enge Toleranzvorgaben und ein geringer Höhen- und Seitenschlag bei den Rädern eingehalten werden. In jeder Fertigungscharge werden Prüfmuster gegossen, bei denen mit speziellen Prüf- und Messmitteln die Materialeigenschaften kontrolliert werden können. An den fertigen Rädern werden weitere Tests wie Zug- und Weiterreißprüfungen oder Lauftests durchgeführt. Zudem haben wir ein spezielles Prüfverfahren entwickelt, um die Haftung des Laufbelags zu hundert Prozent zu testen. Mein Team und ich sind stolz darauf, dass unser Qualitätsmanagement sehr gut funktioniert und wir viele positive Rückmeldungen von unseren Kunden erhalten.

Dr. Yannic Gross: In unserem neuen Polyurethankompetenzzentrum stehen uns ein Labor und ein Technikum mit modernster Ausstattung zur Verfügung. Hier können wir neue Polyurethane unabhängig vom Fertigungsprozess entwickeln und Materialversuche durchführen, ohne den Ablauf in der Produktion zu stören. Für die umfangreichen Tests wird eine ausreichende Vorlaufzeit benötigt, damit zuverlässige und reproduzierbare Ergebnisse erzielt werden können. Die bestehenden Analysemethoden werden stetig weiterentwickelt, um eine noch höhere Messgenauigkeit zu erreichen. Zu den Aufgaben des Labors gehört auch die Untersuchung der eingesetzten Rohstoffe sowie die chemische Analyse der fertigen Polyurethanmaterialien.

Welches war bisher eine Ihrer spannendsten Herausforderungen im Bereich der Fördertechnik?

David Vogelmann: Zu den bisher spannendsten Herausforderungen zählt eine Anwendung bei einem automatisierten Lager- und Bestellsystem. Die Waren werden hier über autonome Roboter kommissioniert, die jeweils mit acht Rädern ausgestattet sind. Insgesamt waren die Anforderungen an die Traktion, Qualität und Antistatik der Führungsrollen hier sehr hoch. Mit unseren Besthane Führungsrollen erreichten wir trotz sehr hohen Geschwindigkeiten und Beschleunigungswerten höchste Präzision auf dem Schienensystem. So haben wir gemeinsam mit dem Kunden eine optimale Lösung gefunden und konnten mit unserer Innovationskraft und dem Expertenwissen im Bereich Polyurethan überzeugen.

 

„Mit unserer neuen Polyurethanfertigung auf rund 24.000 Quadratmetern erhöhen wir unsere Fertigungskapazität im Polyurethanbereich um mehr als hundert Prozent. Das Fertigungsgebäude ist direkt an das Logistikzentrum angeschlossen und sorgt damit für effiziente Abläufe in der Produktion. In unserem neuen Polyurethankompetenzzentrum steht uns ein Labor mit modernster Technik zur Verfügung. Blickle ist somit gut gerüstet für die weltweit steigende Nachfrage nach Polyurethanrädern und -rollen. Wir unterstreichen mit dieser umfangreichen Investition unser Bekenntnis zum Standort Deutschland und stellen die Weichen für die Zukunft.“